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Driesch Ausgabe # 9 / März 2012

on the way (en route) 

Driesch issue # 9 / March 2012

Video Trailer

préface des Herausgebers

Das Thema dieser Ausgabe, mit der wir den dritten Jahrgang unserer Zeitschrift beginnen, hat es in sich: Es ist ein Schlüsselthema, das das Lebensprinzip schlechthin behandelt in all seinen Variationen, direkt und indirekt. Bewegung ist Leben. Das Gegenteil, das Stillehalten wäre, über Dauer, die endlose Ruhe, die permanente Nichtbewegung, also der Tod. In unseren Vorstellungen, seit langer, langer Zeit, spannt sich das Leben als bewegter Weg von der Geburt, dem in die Welt kommen, bis zum Tod, der "ewigen" Ruhe. Eros & Thanatos. Das Bewegte und Bewegende, das Ruhende.

Unterwegs sein, auf Wanderschaft sein, Reisen, Herumziehen. Freiwillig oder gezwungen. Innen und außen. Konkret, real, von Ort zu Ort, oder innerlich, ima­giniert, gedanklich, psychisch.

Wir kennen die Bilder von Wallfahrten und Pilgerreisen, von Gängen auf Holzwegen (Heidegger) einerseits, und dem rastlosen Herumtreiben der Beat Generation, die als Easy Rider „on the road“ war.

Kurzfristiges "Aussteigen", Innehalten, Ruhen ist nur mit extremer Kraftanstrengung, langer Übung und intensiver Konzentration möglich. Die Lehren der Meister und Berichte der Novizen sagen aus allen Kulturen das Glei­che: es ist ein mühsamer Weg zur Leere, zu Versenkung; und einmal erreicht, kann sie nur kurz gehalten werden, weil sonst die Rückkehr verunmöglicht würde, weil sonst der Schamane als Kranker gestorben wäre und nur deshalb, weil er den Wiedereintritt in die bewegte Realität schafft, als Schamane den anderen davon künden kann und darf.

Leben heißt aktiv sein. Auch das sogenannt inaktive Leben ist, bedingterweise, aktiv. Im Alterungsprozess, im Laufe der Ermüdung und Ermattung, nimmt der Aktivitätsgrad ab, verringern sich der Energieverbrauch, die Bewegungen, und das Leben findet im Abbruch sein Ende. Lust wird einerseits als Antriebsquelle, als Motor gesehen, andererseits als Ziel, ähnlich wie Nietzsche es festhielt:

"Lust – tiefer noch als Herzeleid: / Weh spricht: Vergeh! / doch alle Lust will Ewigkeit –, / – will tiefe, tiefe Ewigkeit!"

Dem Lustprinzip stellte Sigmund Freud das Reali­tätsprinzip gegenüber (Jenseits des Lustprinzips 1920) und formuliert provokant:

"Der konservativen Natur der Triebe widerspräche es, wenn das Ziel des Lebens ein noch nie zuvor erreichter Zustand wäre. Es muß vielmehr ein alter, ein Ausgangszustand sein, den das lebende einmal verlassen hat und zu dem es über alle Umwege der Entwicklung zurückstrebt. Wenn wir es als ausnahmslose Erfahrung annehmen dürfen, daß alles Lebende aus inneren Gründen stirbt, ins Anorgani­sche zurückkehrt, so können wir nur sagen: Das Ziel alles Lebens ist der Tod, und zurückgreifend: Das Leblose war früher da als das Lebende."

Hier geht es nicht um die Bewertung einer psychologischen Theorie, sondern um eine Denktradition, die im Abendland so gut wie in Fernost anzutreffen ist. Für unser Thema ist dabei die Polarität zwischen Ruhe und Bewegung, Stillstand/Ruhe und Mobilität aufschlussreich. Im Bereich des Sprachlichen zeigen sich ähnliche geistige "Beweggründe" und Bewegungen. Da trifft das Ideal einer Ursprache auf das dynamische Bild einer sich dauernd verändernden Sprache in Korrespondenz mit dem akkumulierten Wissen (und Wahrheitsstand). Während das wissenschaftliche Ziel die Ausweitung des Wissenshorizonts ist, streben andere nach Ursprüngen. Inwieweit sich da Deckungen zeigen mit dem psychologischen Bild des in Schwingung geratenen Lebensbaumes, des zum Lebenslauf angestoßenen Lebensrades mit dem Streben der Triebe nach ihrem Ausgangszustand, mag reizvoll sein, braucht uns aber hier nicht weiter aufzuhalten.

Der Verdacht gegen die Bewegtheit ist alt. Sie rührt von jenen Urzeiten her, als die Jäger und Nomaden sich sesshaft machten, Wurzeln schlugen und Ackerbau betrieben. Das Bild der Bewegung, des sich in Bewegung Befindlichen wurde das des Unsteten, Getriebenen, Herumwandernden, nicht Beheimateten, Unheimischen. Das ursprüngliche Krieger- und Jägerideal war dem des Sesshaften, Gesicherten, Besitzenden gewichen. Der alte, oft tödliche Unterschied zwischen mir und dir, zwischen wir und sie, zwischen Eigenem als Vertrautem, Heimischem versus Unvertrautem, Unheimlichem, Fremdem klaffte um so tiefer, als die Grenzen sichtbarer und höher wurden. Die unterschiedlichen Sprachen waren und bewiesen die Barrieren, die nur wenigen überwindbar wurden. (Der Mythos Babel und der Pfingsttraum von der allen gemeinsamen, göttlichen Sprache.)

Es war der Handel, der den lohnenden Austausch beförderte und Grenzen öffnete. Oft war es dann Krieg, der nicht auf merkantilen Austausch setzte, sondern gewaltsam sich holte, was da einlud konsumiert, gerafft, besessen zu werden. (Im Deutschen klingt dem Sprachempfindsamen der Anklang von "Besitz, sesshaft, besitzen, besessen" in seiner ganzen schillernden Buntheit nach.)

Einzelne und Völker "wanderten", wurden bewegt, auf Wege gezwungen und getrieben. Seit je wälzen sich Flüchtlingsströme. War früher das Reisen beschwerlich und zeitlich langwieriger, "hüpfen" heute Jetsetter zu einem Frühstück dorthin und zum Dinner woanders hin. Ähnlich einer Heuschreckenplage grasen Touristen ihre Zielgebiete ab. Dem gesteigerten Welttourismus korrespondiert leider kein gewachsenes Verständnis von Eigenheiten, eher gewissen Unterschieden, die aber von einer Art Weltkultur zugedeckt werden. Nur dort, wo Andere nicht als Touristen, das heißt, als zahlende Besucher kommen, ecken die Unterschiede befremdend, werden die Unerwünschten als Störenfriede zurückgewiesen.

Im alltäglichen Straßenverkehr zeigen sich oft atavistische Verhaltensweisen brutaler Art. Verwunderlich, dass es meist doch "friedlich" abläuft.

Das Internet und alle modernen Kommunikationsmittel für den permanenten Online-Verkehr machen einerseits die Welt klein ("The global village"), andererseits die vernetzten Menschen noch abhängiger von ihrer Technik und der damit erschlossenen Welt. Die virtuellen Reisen, der virtuelle Verkehr, ist doch nicht ganz gleichwertig dem realen Bewegen in einem konkreten Raum. Sogar der angenommene "geistige Raum" der Netzvirtualität unterscheidet sich von den geistigen Räumen, die Denkende (und Fühlende) generieren und unterhalten können, wenn sie genügend Energie dazu haben. Dass immer mehr sich auf die technischen Verkehrsmittel setzen bzw. nur auf diese sich verlassen, wirkt sich nicht nur mental und sozial aus, sondern auch kulturell, sprachlich.

Unsere Zeitschrift, die nicht eine modische Weltsprache pflegt, die, ganz altmodisch, in kleiner Auflage dem vielen Kleinen in der Welt, neben all dem Großen, Ausdruck verleiht, die verschiedene Sprachen spricht, orientiert sich an Bewegungsgrundsätzen, die von denen der hoch technisierten Virtualität abwei­chen. Wir meinen aber, mit gutem Grund. Denn es geht unsereinen weniger um Quantität als um Qualität: Bewegung, unterwegs sein, ist nicht Ein und Dasselbe, oft nicht einmal das Gleiche.

In diesem Heft finden Sie zwei Wiederholungen: Zwei von drei Gedichten von Wolfgang Straßnig wurden in der letzten Ausgabe nicht korrekt wiedergegeben; beim Übertrag gingen die Leerzeilenumbrüche verloren. Und die persische Originalversion der beiden Poems von Nahid Bagheri-Goldschmied hat unser Layoutsystem nicht übernommen, weshalb wir sie hier nochmals bringen.

Wir haben jetzt unsere REIHE eröffnet. In preisgünstigen, einfachen Heften im Format 210 x 210 mm, werden wir unregelmäßig, nach Anlass und Finanzierungsmöglichkeit, kürzere Arbeiten veröffentlichen. Den Anfang machen wir mit Gisela Elsners Aufsatz "Gefahrensphären". Dieser Kafka-Aufsatz hat in unserer Redaktion zu einigen Diskussionen geführt. Wir meinen, er wird gerade wegen seiner extremen Position und Anfechtbarkeit Ihr Interesse finden. Gisela Elsners 75. Geburts- und 20. Todestages wird heuer gedacht (2.5.1937 - 13.5.1992).

Allen Abonnenten schenken wir ein Exemplar als Dankeschön fürs Mitmachen. Es ist ja keine Selbstverständlichkeit, einer neuen Zeitschrift Vertrauen entgegenzubringen und sie zu abonnieren. Dafür wollen wir uns besonders bedanken. Wir hoffen, dass wir Ihre Erwartungen auch künftig erfüllen werden.

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Impressum

préface des Herausgebers

Margit Heumann: Reisetage

Elisabeth Steinkellner: Adam und ich

Scholem Alejchem: Fremdes Volkstümliches (Text/Foto)

Horst Samson: An die rote Füchsin; Es dämmern die Höhlen

Pascal Tanguy: Chemin / Weg (französisch/deutsch)

Johannes Tosin: Heim

Johann Anglberger: Pilgerreise

Wolfgang Straßnig: wo kometen; finstersonnen

Sonja Bachmayer: Badner Bahn / Berlin; Fotografien

Ildiko Balázs: Merre visz a vizek útja? / Hidak a Duna felett / Sellő

(ungarisch, deutsche Kurzfassungen)

Spruch: Der cherubinische Wandersmann

Cristina Battaglini: Empoli (italienisch/deutsch)

Inesse Finkelshtein: ВАГОНЫ / Waggons (russisch/deutsch)

Frederike Aiello: Eselswagen / Pick up; Fotografien aus Palästina

Manfred Chobot: Massage – Essen – Buddhas

Hans Durrer: In Uruguay

Haimo L. Handl: nicht aufhören

Eva Hradil: Aufbruchstimmung, Bild in Mischtechnik

René Oberholzer: Kurzprosa & Gedichte

Hillary Keel: Forking Paths (englisch)

Meher Pestonji: Damn Pigeons (englisch)

Vougar Aslanov: Irrweg durch den Krieg

Henriette Leinfellner: Trayectos / Trayectos VII; Grafiken

Nahid Baghei-Goldschmid: 2 Gedichte (persisch/deutsch)

Martin Ryšavý: Der Salbader

Johannes Witek: Das Land der Lebensläufe

Peter Paul Wiplinger: Abend in Rijeka / Ankunft nach einer Reise / Dubliner Spaziergänge

Eckholz: Wasserscheuer Regenwurm / Bananenschale; Cartoons

Blaise Pascal: Stolz

Mario Karl Hladicz: Die Hütte

Cao, Nai Yun: Das Wasser des Flusses / ; Der Traum /梦 (chinesisch/deutsch)

Hans Angleberger: Im Zug

Luigi La Speranza: Tiefflug; Zeichnung

Maria Hammerich-Meier: Zum Wort / Zur Wahrheit / Zum Ich /

Zum Morgen

Hillary Keel: J’essaie (englisch)

Peter Schwendele: Fernefahrer

Astrid Kitzler: Eldorado 3; Grafik

Christian Karner-Schwetz: Bojenträume

Luigi La Speranza: Ritt auf dem Elefantennashorn; Zeichnung

Sjoerd Kuyper: Ik draag een dichter op mijn schouder / Ich trage einen Dichter auf meiner Schulter (niederl./deutsch)

Franz Blaha: Augenwiese; Fotografie

Astrid Kitzler: Eldorado 4; Grafik

Franz Blaha: Reposado

Franz Blaha:  Bachbild; Fotografie

excavations:

            Franz Kafka: Aus den Oktavheften

            Johann Wolfgang von Goethe: Italienische Reise. Auszüge aus dem 2. Band

Sonja Bachmayer: Heraklion / unterwegs; Fotografien

essai:

Martin Zehr: „Unterwegs“ translated into American

Astrid Kitzler: Eldorado 5; Grafik

commentaires:

Franz Blaha: Andorranische Impressionen von Klaus Ebner

Hans Durrer: One day I will wite about this place

Gabriele Folz-Friedl: Jakobspilgern

Ka Ruhdorfer: Permafrost

Haimo L. Handl: Der Unaussprechliche

Klaus Ebner: Wider die Kleingesiter

Larissa Leverenz: Sohlen; Grafik

Liste der Autorinnen & Autoren

 

Die 21 Abbildungen dieser Ausgabe können Sie in unserer Fotogalerie ansehen!

 

Liste der Autorinnen & Autoren, Übersetzerinnen un d Übersetzer sowie Künstlerinnen und Künstler der Ausgabe # 9

 

  • Frederike Aiello, * 1958, lebt in Hard/Vbg. als freie Fotografin; Mitglied der österrei­chischen Berufsfotografen.  http://frederikeaiello.com
  • Scholem Alejchem, * 1956, produziert Satire und sonstigen Blödsinn seit über 10 Jahren. 2006 entstand www.scholemandfriends.com als Eigengewächs mit unterschiedlichen friends. Gründer von www.frowos.com der Informationsseite der "Freunde der Bahnlinie von Oberwart nach Oberschützen".  Gründer von "Spirit of Gradišče - Őrvidék group", einer englischsprachigen Plattform für Geschichte(n), Kunst und Kultur. www.burgenland-bunch.org
  • Hans Anglberger, * 1968 in Braunau/Inn, aufgewachsen in Schalchen/OÖ. Lebt seit 1988 in Wien als Bibliothekar. Organisation und Durchführung zahlreicher Literaturveranstaltungen. Publikationen in den Zeitschriften MACONDO (Bochum), DUM und Morgenschtean sowie in Anthologien, zuletzt in der von Anton G. Leitner herausgegebenen Reihe posie 21: Drei Sandkörner wandern : Luft & Erde ; Gedichte / Gabriele Trinckler (Hrsg.) (Poesie 21 ; Bd. 33).
  • Vougar Aslanov; Dipl. Lit., * 1964 in Aserbaidschan. 1990 absolvierte er aserbaidschanische, russische, europäische und amerikanische Literatur der Bakuer Staatsuniversität. Nach dem Studium, ab 1990, war er für verschiedene Zeitungen in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans tätig. 1995 gründete er die Zeitung „Kompas", 1996 die Informationsagentur „Samt". 1997 wurde in Baku sein Erzählband "Der Milchmann", 1999 sein zweites Buch „Ein amerikanischer Spion in Aserbaidschan" veröffentlicht. Seit 1998 lebt in Deutschland. In Deutschland setzte Aslanov seine schriftstellerische und journalistische Tätigkeit fort. Im Herbst 2011 erschien "Wostok", ein Roman über böse Schikanen in der Sowjetarmee und den sowjet-afghanischen Krieg "Die verspätete Kolonne". Aslanov ist seit 2007 Mitglied der Literaturgesellschaft Hessen und seit Anfang 2009 des Verbands der deutschen Schriftsteller (VS). www.eastwest.az
  • Nahid Bagheri- Goldschmied, Exil-Lyrikerin, Prosaistin, geb. in Teheran, arbeitete als Journalistin und studierte persisch-arabische Sprachen und Literaturwissenschaft. Seit 1980 lebt sie in Österreich. 2001 Lyrik- Preis "Schreiben zwischen den Kulturen" (Verein Exil). 2009 Buchprämie für den Roman " Chawar" (Österr. Bundeministerium für Unterricht, Kunst und Kultur). Vorsitzende des "Iranischen Kunst- und Kulturvereins im Exil  Marzpeyma" (Grenzgänger). Werke: Fünf Bände Lyrik. Chawar (Roman, persisch 1998 in Schweden), Chawar (Roman, Deutsch 2009 in Wien, Verlag der Theodor Kramer).
  • Ildikó Balázs, * 1965 Neumarkt am Mieresch (Siebenbürgen, Rumänien),. Literaturwissenschaftlerin, Schriftstellerin, 3 Buchpublikationen (siebenbürgische Literatur­geschichte und Publizistik), ungarische Übersetzerin der Wiener Schriftstellerin Christl Greller (Törések, A pillangólábú, zartART). www.rotmacska.gportal.hu
  • Cristina Battaglini, Mag.,* 1984 inEmpoli (Florenz), lebt in Graz. Sie hat den Bachelor in Italianistik an der Universität Firenze, Fakultät Philologie und Philosophie mit einer Diplomarbeit im Bereich deutscher Literatur (Il dionisiaco negli Inni alla Notte di Novalis) abgeschlossen sowie einen Doppelabschluss Magister/Laurea magistrale in Renaissance Studien an der Rheinische Friedrich Wilhelms Universität Bonn und Universität Firenze gemacht. Zahlreiche Preise. Ihr Blog: www.violentaestpoesia.tumblr.com  
  • Franz Blaha, * 1945 in Wien. Lyrik in Wiener Mundart, Schriftsprache und Englisch, Kurzprosa. Veröffentlichungen in diversen Anthologien, langjährige Leitung der Schreibwerkstätte einer Straßenzeitung, Gerichtskiebitz für diese Zeitung, pedantes Korrekturlesen, Buchlektorate und -rezensionen, redaktionelle Mitarbeit bei der Zeitschrift Driesch.
  • Cao Nai Yun, Univ.Prof. Dr.,  * 1945 in der Provinz Jiang Su, China;  Professor für Germanistik an der Pädagogischen Universität Hua Dong, Shanghai, Mitglied des  Schriftstellerverbandes China. Arbeitet als Übersetzer und Herausgeber klassischer und zeitgenössischer deutscher Literatur: Er hat ca. 50 Übersetzungen herausgegeben, u. a. "Das Narrenschiff" (Sebastian Brant), "Nibelungenlied", Grimmsche und Andersens Märchen, Erzählungen aus 1001 Nacht, Gedichte von Josef von Eichendorff bzw. Werke von  Ingrid Noll, Heinrich Böll, Michael Ende, Christoph Hein, Eva Huber u. a. Seit 2005 pensioniert; lebt gegenwärtig in Wiener Neudorf bei Wien.
  • Manfred Chobot, * 1947 in Wien. Studium der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft. Zuletzt erschienen: Der Bart ist ab. Ein SMS-Roman. Innsbruck 2010; Der Tag beginnt in der Nacht. Eine Erzählung in Träumen. Wien 2011; Versuch den Blitz einzufangen. Roman. Innsbruck 2011; gemeinsam mit Gerald Jatzek (Hg.): Schmäh ohne, aber echt. Wiener Satire und Humor aus 100 Jahren. Wien 2010; mit Dieter Bandhauer (Hg.): Die Wunderwelt, durch die ich schwebte. Literarische Träume. Wien 2011   www.chobot.at
  • Hans Durrer, *  1953 in Grabs, Schweiz, arbeitet als Dolmetscher, Zwölf-Schritte Therapeut und Essayist; zuletzt sind von ihm erschienen: Inszenierte Wahrheiten: Essays über Fotografie und Medien (Rüegger Verlag, Glarus/Chur, 2011) und Framing the World: Photography, Propaganda & the Media (Alondra Press, Houston, 2011). www.hansdurrer.com
  • Klaus Ebner, * 1964 in Wien. Studium der Romanischen und Deutschen Philologie. Autor von erzählender Prosa, Essays und Lyrik. Wiener Werkstattpreis 2007. Jüngste Buchpublikationen: "Hominide", Erzählung, FZA Verlag - Wien 2008; "Vermells/Röten", Lyrik katalanisch und deutsch, SetzeVents Editorial - Urús 2009. www.klausebner.eu/
  • Eckholz, bürgerlich Sven Kruscha, wurde 1978 im Sächsischen Werdau, damals DDR, Bezirk Karl-Marx-Stadt, geboren. Lebt seit 1984 in Gera/Thüringen. Seit 2001 präsentiert er seine Arbeiten im Internet und publiziert seit 2002 in diversen deutschen Literatur- und Comicfanzines wie z.B. „Plop" und „Caligo". Seit 2010 arbeitet er auch für das Magazin "Driesch". Seit Juni 2011 Mitglied im Interessensverband Comic e.V. (ICOM)   www.eckholzcartoons.de/
  • Inesse Finkelshtein,* 1966 in Tajikistan, lebt in Taschkent, Ausbildung in Usbekistan am Theater & Kunst Institut als Kunstkritikerin (1990), arbeitet als Schriftstellerin und Filmemacherin. War von 1983 bis vor kurzem engagiert als Journalistin für Magazine und Fernsehen. Ihr erste Buch "My hadj" erschien 1993. Mehr als sechs weitere Bücher publiziert in Usbekistan und Russland. Ihr Werk umfasst mehr als 4.000 Poems, Lieder und Essays. Sie wirkt(e) als Kuratorin für eine Reihe von künstlerischen Multimediaprojekten; Seit 1999 Mitglied der Schriftstellerverbände in Moskau und Usbekistan. www.inesse.cibc.ru/
  • Gabriele Folz-Friedl,  *1952 in Stuttgart, aufgewachsen in Köln und Friedrichshafen am Bodensee. Besuch der Akademie der bildenden Künste Stuttgart; zeitweise in Sozialberufen tätig. Ausstellungen in Deutschland, Österreich und der  Schweiz; seit 1986 Mitglied des Künstlerbundes März, Linz. Veröffentlichungen von Prosa und Lyrik in Anthologien.
  • Marcel Fotter * 1968 in Graz; wo er lebt, veröffentlichte Gedichte und Kurzgeschichten in "Tinctur", "Bunte Zeitung", "KIG" Webzeitung; Gedichtband: "Wer das nicht mehr hat"
  • Johann Wolfgang von Goethe, 28.8.1749-22.3.1832, deutscher Dichter, Dramatiker, Wissenschaftler; gilt als Deutschlands berühmtester Klassiker.
  • Maria Hammerich-Maier, Mag., * 1961, Arbeitet als Gerichtsdolmetscherin, Journalistin bei einem Radiosender in Prag und Schriftstellerin in Bayern und Prag. Nächstens erscheint ihre Übersetzung von Ivan Klimas frühem Roman „Stunde der Stille“ (Original 1963 in Prag publiziert).
  • Haimo L. Handl, Dr., * 1948 in Vorarlberg, lebt in Wien und im Weinviertel. Freiberuflicher Erwachsenenbildner, Publizist, Verleger. Studierte in Österreich und den USA, war zwei Jahrzehnte Universitätslektor für Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft. Redakteur bei kultur-online.net, gab für 10 Jahre das Online-Magazin ZITIG heraus; Geschäftsführer von GLEICHGEWICHT und DRIESCH Verlag. Mitglied des Literaturkreises PODIUM und der Grazer Autorenversammlung. www.handl.net/
  • Margit Heumann, * 1949 in Vorarlberg, verheiratet, zwei Töchter. Lebte mehrere Jahre in England und der Schweiz, über 30 Jahre in Deutschland und seit 2009 in Wien. Erste Veröffentlichungen im Vorarlberger Volkskalender und ORF. Freie Mitarbeiterin der Kinderzeitschrift Flohkiste. Seit 2009 in Wien, Mitglied einer Schreibwerkstatt, True-Story-Autorin, intensive Arbeit an literarischen Texten.   www.margitheumann.com
  • Mario Karl Hladicz, Mag., * 1984 in Graz, Studium der Germanistik und Anglistik/Amerikanistik. Versuche in Prosa. Veröffentlichungen in Zeitschriften (u.a. schreibkraft, DUM) und Anthologien.
  • Eva Hradil, Mag., * 1965 in Wien, studierte an der Universität für Angewandte Kunst und lebt in Wien. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, mehrere Preise und Stipendien sowie 2001 Artist in Residence in China.  www.eva.hradil.info
  • Franz Kafka, 3.7.1883 - 3.6.1924, österreichischer Schriftsteller.
  • Christian Karner-Schwetz, * 1962, lebt und arbeitet als Steuerberater in Wien. In den 80er Jahren war er neben dem BWL-Studium literarisch aktiv. Veröffentlichungen: 2010 Zwischen Brot und Spiel; Kurzgeschichten; Testudoverlag; 2011: Traanbecks Ausnahmezustand; Roman; Arovell-Verlag sowie in diversen Anthologien und Zeitschriften.
  • Hillary Keel Strohmeier, * 1959, lebt in Brooklyn, NY, USA als Sprachtrainerin und Übesetzerin. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien in Europa und den USA.
  • Astrid Kitzler, Mag. * 1983 in Haag im Hausruck, OÖ; aufgewachsen in Perg, OÖ; 2002-2009 Studium an der Universität für angewandte Kunst Wien, Klasse für freie Grafik, Prof. Schenk; 2005/06 Auslandsjahr in Portugal (Lissabon) an der -"Universidade de belas artes de Lisboa"; 2005-2009 Künstlergruppe Qubik_Kunst und Kommunikation; 2008 Studienreise nach Tokio; 2006 Radio Ö1 "Grafik des Monats"; 2006. 3. Preis "Wood Construction Festival", Bergen/Norwegen; 2007 Vivatis-Wettbewerb, 3. Preis "Schöne Neue Welt"; 2008 Emanuel und Sophie Fohn-Stipendium.
  • Sjoerd Kuyper, * 1952, Amsterdam, is een Nederlandse schrijver. Hoewel Kuyper ook werk voor volwassenen heeft gemaakt, werd hij vooral bekend door zijn werk voor kinderen. In 2000 schreef Kuyper in opdracht van de CPNB het kinderboekenweekgeschenk: Eiber!.  www.sjoerdkuyper.com
  • Luigi La Speranza, Mag., * 1962 in Wien. Studium an der Akademie der bildenden Künste, Wien bei Prof. Hausner und Brauer. Seit 1993 eigenes Atelier. www.lasperanza.com
  • Henriette Leinfellner, Mag., * 1962 in Wien, studierte in London und Wien, unterrichtet Graphik (Fotoradierung, Radierung, Tiefdruck)  an der Universität für angewandte Kunst Wien. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Preis der Grafiktriennale Krakau 2006.
  • Larissa Leverenz, Mag., * 1978 in Köln; 2000 Beginn des Studiums der Illustration an der FH-Münster für Design; 2004 Auslandssemester an der Universität für angewandte Kunst Wien (Grafik bei Prof. Schenk); 2005 Abschluss mit Diplom in den Schwerpunkten Illustration (Druckgrafik) und Grafik-Design; 2005 Beginn des Studiums an der Universität für angewandte Kunst Wien, freie Grafik, Prof. Schenk; 2011 Diplom an der Universität für angewandte Kunst Wien.   www.larissaleverenz.com
  • Matilde Michi, Mag., * 1984 in Sassari, Italien, hat Deutsch und Russisch studiert und ist 2010 nach Wien umgezogen, als sie eine Stelle als Italienisch-Sprachassistentin in St. Pölten bekommen hat. Heute arbeitet sie an Volkshochschulen und macht das Lehramtsstudium in Wien mit dem Ziel, Italienisch- und Russischlehrerin in Österreich zu werden. Literaturübersetzungen sind ihre große Leidenschaft; „Es gibt nämlich", sagt sie, „keine tiefere Begeisterung, als die Sprachen Anderer in die Muttersprache zu übersetzen, um sie den Landsleuten zu vermitteln bzw. die Weltanschauung einer anderen Kultur dem eigenen Volk zugänglich zu machen."
  • René Oberholzer, * 1963 in St. Gallen, lebt und arbeitet seit 1987 als Sekundarlehrer, Autor und Performer in Wil/Schweiz. Schreibt seit 1986 Lyrik, seit 1991 auch Prosa. Zahlreiche Auftritte, Lesungen und Veröffentlichungen.   www.reneoberholzer.ch
  • Meher Pestonji, * 1946 in Bombay, India. A freelance journalist, Books: Sadak Chaap, Penguin India 2006 (French translation 2007, German 2010), Pervez, Harper Collins, India 2002, Mixed Marriage and Other Parsi Stories. Harper Collins, 1999. Theater plays: Piano for Sale, Feeding Crows, Outsider.
  • Ka(roline) Ruhdorfer, * 1967 in Villach, lebt nach Aufenthalten in China, den Philippinen, Frankreich und den USA in Wien, wo sie als Übersetzerin und Drehbuchautorin arbeitet. Teilnahme an Lyrikfestivals in Österreich, Argentinien, der Türkei. Gewinnerin von Poetry Slams (Café Stein/Droschl Verlag; Schikaneder). Schreibt an einem größeren historischen Roman.
  • Martin Ryšavý,  * 1967 Praha, je český spisovatel, scenárista a režisér. Vystudoval biologii na Přírodovědecké fakultě Univerzity Karlovy a scenáristiku na FAMU. Pracuje jako odborný asistent na Katedře scenáristiky a dramaturgie FAMU. Natočil několik dokumentárních etnografických filmů, je autorem námětu a scénáře povídky Cesta v povídkovém filmu Romana Vávry Co chytneš v žitě (1998), scénáře filmu Ivana Vojnára Lesní chodci (2003), který později přepracoval do knižní podoby, či scénáře k televiznímu filmu Aljona (2008). Nejvíce na sebe ale upozornil dvoudílnou knihou Cesty na Sibiř (2008), která získala Magnesii Literu za prózu. V roce 2011 pak získal druhou Magnesii Literu ve stejné kategorii za knihu Vrač.
  • Peter Schwendele, * 1965 in Ehingen (Donau), aufgewachsen in Munderkingen. Studierte in Freiburg im Breisgau Wissenschaftliche Politik, Geschichte und Soziologie. Seit 1995 lebt er in Schopfheim in der Nähe der Schweizer Grenze und ist dort beruflich als Journalist bei der Tageszeitung "Markgräfler Tagblatt" tätig. In seiner Freizeit schreibt er sowohl Kurzgeschichten als auch längere Prosatexte die in Zeitschriften und Anthologien erschienen.
  • Helena Stanek, Sinologin, Übersetzerin aus dem Chinesischen und Tschechischen, lebt in Wien.
  • Elisabeth Steinkellner, * 1981, lebt in Niederösterreich. Hat in Wien Sozialpädagogik sowie Kultur- und Sozialanthropologie studiert; schreibt Kurzprosa, Lyrik und Kinderbücher; Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften (dum, etcetera, &radieschen) und im Jungbrunnen Verlag.
  • Wolfgang Straßnig, Prof., * 1944, Lyriker. Kindheit auf einem Bauernhof in der Steiermark. Eine Übersiedlung führte ins Milieu der Bergleute und Industriearbeiter. Fühlt sich schon als Jugendlicher stark zu den Künsten hingezogen. Studiert in der Folge an den Musikhochschulen in Graz und Hamburg. In dieser Zeit entstehen erste Gedichte. Danach Lehrtätigkeit und Konzerte, Lesungen. 1976 Reise nach Afghanistan. Lebt und arbeitet in der Nähe von Graz.
  • Pascal Tanguy, in Linz geboren, lebt in Wien. Nach dem Studium des Englischen und Französischen in Innsbruck drei Jahre lang Lektor in Frankreich, seither Gymnasiallehrer in Wien. Er schreibt auf deutsch und französisch, veröffentlichte 1995 den Lyrikband „Im Angesicht leuchtender Nacht“ (Edition Doppelpunkt), der wenig später bei der Académie Léon Tonnelier in Nancy ausgezeichnet wurde. Seither mehrere Theaterstücke (u. a. „L’enfant des espaces“, « Pierre et Piotr »), darüber hinaus Übersetzungen. Pascal Tanguy ist auch Musiker – derzeit Konzertmeister bei der „Camerata Musica“ – und Maler (Einzelausstellung an der Universität Wien 2005).
  • Gerline Tesche, Mag. Dr., * 1938 in Halle an der Saale, Übersetzerin aus dem Russischen und Slovakischen; lebt in Zürich und bei Bratislava.
  • Johannes Tosin, * 1965 in Klagenfurt am Wörthersee. Maschinenbauingenieur und Exportkaufmann; schreibt Lyrik, Prosa und Hörspiele. Veröffentlichte Lyrik und Kurzprosa in Zeitschriften und Anthologien.
  • Ruud van Weerdenburg, * 1956 in Alkmaar, NL. Schriftsteller, Journalist, Maler.
  • Peter Paul Wiplinger, * 1939, Autor, Lyriker, Fotograf. Zahlreiche Buchpublikattonen und Beiträge in Anthologien sowie Zeitschriften, viele Übersetzungen in über 20 Sprachen. Lebt in Wien. www.wiplinger.at.tf
  • Johannes Witek, * 1981. Lebt in Salzburg. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. Was sie im Norden der Insel als Mond anbeten, kommt bei uns im Süden in die Sachertorte. Gedichte und Prosa; Chaotic Revelry Verlag, Köln.
  • Martin Zehr, Dr., * 1950, is a clinical psychologist who lives and works in Kansas City, Missouri.

 

 

 

Nachstehend die Notizen und Anmerkungen als Anregung zum Thema (nicht im Heft enthalten):

   

Notizen zum Thema UNTERWEGS:


Gegen den Strom schwimmen. - Wider den Strom.

Mit dem Strom = Treibugt.

Fahrende - Nomaden - Zigeuner = Unstete, weil nicht Sesshafte

Der ewige Wanderer (Verfluchter: nicht sterben können, immer unterwegs sein müssen)

Touristen - Städteausflügler

Moderne (oder Städter): Ruhelose, Nervöse, Fahrige, Hastende, Getriebene, stressed people,

Süchtige sagen, sie seien auf einem Trip, hätten abgehoben zu ihrem Flug, ihrer Reise.

Sich versteigen, in den Wahn flüchten.

Schamanen.

Flüchtlinge - Asylanten - Migranten

Völkerwanderungen

Krieg

Vagabund, Bezeichnung für einen Angehörigen des Fahrenden Volkes

Vagabund, bis Mitte des 20. Jahrhunderts übliche Bezeichnung für Obdachlose und Wanderarbeiter, siehe Vagabundenbewegung
Vagabundieren
Vagant (lateinisch vagare, ‚umher streifen‘, ‚ziellos unterwegs sein‘) steht für:
Vagant, mittelalterliche Bezeichnung für Fahrendes Volk
vage, vom lateinischen vagus → launbestimmt, unstet, umherschweifend[1]


Muttersprache, Fremdsprache, einsprachig, bilingual, mehrsprachig, polyglott

Der fliegende Holländer
Wagner

Der Cherubinische Wandersmann
Angelus Silesius

Der Wanderer und sein Schatten
Nietzsche

Wilhelm Meisters Wanderjahre
Goethe

Italienische Reise
Goethe

Spaziergang nach Syrakus
Seume

Briefe eines reisenden Russen
Karamsin

Anton Reiser
Moritz

Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien
Sterne

Odyssee
Homer


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Foto: Sonja Bachmayer



Zitate:


Wenn die Psychoanalyse Reise und Wanderschaft für die objektive Todessymbolik als archaisches Residuum beschlagnahmt, so sind beide in der Landschaft des Todes füglich zu suchen. Der exzentrische Bau jener Landschaft, darin jeder Punkt dem Mittelpunkt gleich nah liegt, offenbart sich dem Wanderer, der sie durchkreist, ohne fortzuschreiten: alle Entwicklung ist ihr vollkommenes Widerspiel, der erste Schritt liegt so nahe beim Tod wie der letzte, und kreisend werden die dissoziierten Punkte der Landschaft abgesucht, nicht sie selber verlassen. Denn Schuberts Themen wandern nicht anders als der Müller oder der, den im Winter die Geliebte verließ. Nicht Geschichte kennen sie, sondern perspektivische Umgehung: aller Wechsel an ihnen ist Wechsel des Lichtes.
Adorno: Musikalische Schriften IV: Schubert. GS 17, S. 25

Klagelied. — Es sind vielleicht die Vorzüge unserer Zeiten, welche ein Zurücktreten und eine gelegentliche Unterschätzung der vita contemplativa mit sich bringen. Aber eingestehen muss man es sich, dass unsere Zeit arm ist an grossen Moralisten, dass Pascal, Epictet, Seneca, Plutarch wenig noch gelesen werden, dass Arbeit und Fleiss — sonst im Gefolge der grossen Göttin Gesundheit — mitunter wie eine Krankheit zu wüthen scheinen. Weil Zeit zum Denken und Ruhe im Denken fehlt, so erwägt man abweichende Ansichten nicht mehr: man begnügt sich, sie zu hassen. Bei der ungeheuren Beschleunigung des Lebens wird Geist und Auge an ein halbes oder falsches Sehen und Urtheilen gewöhnt, und Jedermann gleicht den Reisenden, welche Land und Volk von der Eisenbahn aus kennen lernen. Selbständige und vorsichtige Haltung der Erkenntniss schätzt man beinahe als eine Art Verrücktheit ab, der Freigeist ist in Verruf gebracht, namentlich durch Gelehrte, welche an seiner Kunst, die Dinge zu betrachten, ihre Gründlichkeit und ihren Ameisenfleiss vermissen und ihn gern in einen einzelnen Winkel der Wissenschaft bannen möchten: während er die ganz andere und höhere Aufgabe hat, von einem einsam gelegenen Standorte aus den ganzen Heerbann der wissenschaftlichen und gelehrten Menschen zu befehligen und ihnen die Wege und Ziele der Cultur zu zeigen. — Eine solche Klage, wie die eben abgesungene, wird wahrscheinlich ihre Zeit haben und von selber einmal, bei einer gewaltigen Rückkehr des Genius’ der Meditation, verstummen.
Nietzsche, MA I-V-282

Stolz. – Neugierde ist nur Eitelkeit. Meistens will man nur etwas erfahren, um davon zu sprechen. Sonst würde man nicht über das Meer fahren: wenn man nie etwas davon berichten dürfte, allein aus der Freude an Sehen, ohne Hoffnung, jemals davon mitzuteilen.
Blaise Pascal (Gedanken)

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Foto: Sonja Bachmayer

 

»Zeit zum Reisen«

Aus: René Schickele: Himmliche Landschaft (1933)

Am Nachmittag kommen die ersten Wanderburschen.

Während der Schneezeit waren sie wie begraben. Nicht ein einziges Mal ging die Gartentür auf, um eine dieser entschlossenen Gestalten durchzulassen, wie sie jetzt mit Knüppel und forschendem Blick auf das Haus losgehn.

»Wo waren Sie denn während des Schnees?« fragte ich den ersten. Es ist ein zwanzigjähriger Bursche mit leuchtend blauen Augen.

»Ha, da haben wir halt bei die Bauern Holz gehackt.«

Glänzend! Auch hier gibt es Holz zu hacken, Leimringe an die Obstbäume zu legen und sonst allerhand Arbeit. Aber der Junge verzieht das Gesicht, sein Blick schweift in die Weite, blau durch die blaue Weite, bis zu den blauen Vogesen . . . Die Sonne wärmt, die Vögel singen Sieg – überwunden die Zeit, wo das Futter unerreichbar unter dem Schnee lag und die Maden sich vor der Kälte verkrochen! Auf den Straßen knallen die Peitschen der Fuhrleute, am Gartenzaun steht der Hund auf den 32 Hinterpfoten und bellt ein Eichhörnchen an, das ihm vom Ast einer Lärche in den Rachen hineinsieht. Dabei verzieht es die Oberlippe, als ob es grinste . . .

»Nee«, sagt der Bursche, »nee, lieber Herr. Jetzt ist die Zeit zum Reisen. Ich bin ein Durchreisender, verstehn Se?«

Ein Durchreisender folgt dem andern. Tag um Tag, und wenn der Hund unbeaufsichtigt herumläuft, bleiben sie am Gartenzaun stehn und warten, bis sich jemand im Hofe zeigt.

Sie wandern!

Als ich endlich einen erwische, der arbeiten will, ist es ein alter Mann. Er kommt mit den Jungen nicht mit, sie betteln ihm alles vor der Nase weg, sie betteln die Welt leer und lachen ihn aus.

Da fasse ich einen Beschluß. Die Jungen bekommen zu essen und, wenn sie wollen, ein Buch. Geld gibt es nur für die Alten.

* * *

Friedrich Nietzsche

Der Wanderer


Der Wanderer. — Wer nur einigermaßen zur Freiheit der Vernunft gekommen ist, kann sich auf Erden nicht anders fühlen, denn als Wanderer, — wenn auch nicht als Reisender nach einem letzten Ziele: denn dieses gibt es nicht. Wohl aber will er zusehen und die Augen dafür offen haben, was Alles in der Welt eigentlich vorgeht; deshalb darf er sein Herz nicht allzufest an alles Einzelne anhängen; es muss in ihm selber etwas Wanderndes sein, das seine Freude an dem Wechsel und der Vergänglichkeit habe. Freilich werden einem solchen Menschen böse Nächte kommen, wo er müde ist und das Tor der Stadt, welche ihm Rast bieten sollte, verschlossen findet; vielleicht, dass noch dazu, wie im Orient, die Wüste bis an das Tor reicht, dass die Raubtiere bald ferner bald näher her heulen, dass ein starker Wind sich erhebt, dass Räuber ihm seine Zugtiere wegführen. Dann sinkt für ihn wohl die schreckliche Nacht wie eine zweite Wüste auf die Wüste, und sein Herz wird des Wanderns müde. Geht ihm dann die Morgensonne auf, glühend wie eine Gottheit des Zornes, öffnet sich die Stadt, so sieht er in den Gesichtern der hier Hausenden vielleicht noch mehr Wüste, Schmutz, Trug, Unsicherheit, als vor den Toren — und der Tag ist fast schlimmer, als die Nacht. So mag es wohl einmal dem Wanderer ergehen; aber dann kommen, als Entgelt, die wonnevollen Morgen anderer Gegenden und Tage, wo er schon im Grauen des Lichtes die Musenschwärme im Nebel des Gebirges nahe an sich vorübertanzen sieht, wo ihm nachher, wenn er still, in dem Gleichmaß der Vormittagsseele, unter Bäumen sich ergeht, aus deren Wipfeln und Laubverstecken heraus lauter gute und helle Dinge zugeworfen werden, die Geschenke aller jener freien Geister, die in Berg, Wald und Einsamkeit zu Hause sind und welche, gleich ihm, in ihrer bald fröhlichen bald nachdenklichen Weise, Wanderer und Philosophen sind. Geboren aus den Geheimnissen der Frühe, sinnen sie darüber nach, wie der Tag zwischen dem zehnten und zwölften Glockenschlage ein so reines, durchleuchtetes, verklärt-heiteres Gesicht haben könne: — sie suchen die Philosophie des Vormittages.
Friedrich Nietzsche Menschliches, Allzumenschliches I IX. Der Mensch mit sich allein, 638

"Pilger ohne Gott. Wesentlich werden - der Norweger Tomas Espedal findet im Gehen das "wilde und poetische Leben" lautet der Titel des Artikels von Andreas Breitenstein, NZZ 20.12.2011, in dem die Feststellung zu finden ist:

"Die Steigerung des Selbst beim Eintauchen in die Landschaft ist eine körperliche und geistige Grenzerfahrung, der sich im deutschsprachigen Raum Seume, Goethe und Stifter, Robert Walser, Walter Benjamin und W. G. Sebald hingaben, um daraus ein Erzähl- und ein Erkenntnismodell zu entwickeln (das Thomas Bernhard genüsslich demontierte). Heute sind Peter Handke, Christoph Ransmayr und Wolfgang Büscher solche Solitäre, die im Schlepptau ihrer Sehnsucht ins Unkartografierte aufbrechen. Den Ausstieg aus dem rasenden Stillstand der Gegenwart, der Entdeckung der Langsamkeit und der Einfachheit, die Depasteurisierung und Entdigitalisierung sind ihnen das letzte Abenteuer des Geistes."

Dioese neuzeitlichen Wanderer mit Schatten nennt Breitenstein "Pilger ohne Gott". Die am Schluss seines Beitrags gestellten Fragen sind interessant:

"Ein Rätsel bleibt, was genau der Motor dieser Aufbrüche ist. Eine kindliche Sehnsucht oder eine böse Trennung? Übermut oder Überdruss? Der Wille zum Erkennen oder zum Vergessen?"

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Foto: Sonja Bachmayer

 

Schriftsteller, mehr noch Dichter, sind Wortreiesende. Nicht unbedingt Kopfmenschen. Aber in und mit Gedanken unterwegs, sogar dann, wenn sie sich zurückziehen oder eremitisch isolieren.

Hans Erich Nossack schreibt in seinem Roman "Die gestohlene Melodie": "Wir dürfen uns ja nicht als Wegwesier anbieten, aber wenn jemand, der fremd in der Stadt ist, uns nach einer Straße fragt, können wir ihm manchmal seine Richtung angeben, nicht mehr."

Die Einsamkeit wird dem Verkehr, dem offenen Untewegssein vorgezogen. Über ihre Reisen und Fahrten geben diese einsamen Reisenden nur in ihren Büchern Auskunft. 

 

Anmerkungen:

Was für eine Tonne weltliterarischer Trockenmilch! Höchst nahrhaft, aber ...

Gibt es keine grellbunten, prickelnd aufregende, keine angenehm, erschreckend enttäuschenden Reisen? Keine Scheinreisen? Keine originellen Schaffner, zeitversetzte Postkutschen? Was denkt ein Schluck Bier beim Vorbeikommen am Gaumenzäpfchen? Wie geht es den vielen weiter Reisenden, in die er zerlegt wird? Welche Stellung hat er in der Geschwisterreihe, vielleicht zwischen dem, der den Trinker seinen Röhrchentest noch hätte bestehen lassen und ihm selbst? Seinen Nachfolgern, die den Bechernden flach legen?

Es lassen sich Reisen in die Enge und solche in die Weite unternehmen, an jeden beobachteten Punkt lassen sich ganze Orgien fantasievoller Assoziationen knüpfen, Erinnerungen, Pläne, Bedauern über Versäumtes, Genugtuung, Befürchtungen, ….

Sprachlicher Halbklamauk: Warum heißt es sogar im Flugzeug   u n t e r   wegs?

Eine ergiebigere Vorgabe zum Schreiben ist ja wohl kaum denkbar. Drum glaub ich auch, dass manche unserer Autor_innen ganz einfach noch nicht Zeit gefunden haben, in ihren Schätzen zu kramen. Der Anregung, denk ich, bedarf ´s nicht.

* * *

Wie sieht es denn aus mit den Denkbewegungen? Wie mit den Sprachdenkbewegungen, besonders im polyglotten Verkehr? Man sucht Worte, man findet das rechte Wort, oder es mangelt einem am passenden Ausdruck. Plötzlich hilft das “fremde” Wort, das Fremdwort in der eigenen Sprache, wenn man nicht überwechselt in eine andere, um einen Sachverhalt, eine Idee, einen GedankenGANG bestmöglich auszudrücken.

Die Bewegungen des Übersetzens. Übertragens. Übersetzen als Nachformen, dem Sinn nachgehend, nachfolgend erfassen wollen, um in der Übertragung, ans eigene Sprachufer gebracht, ins eigene Sprachfeld gesetzt, eine Übersetzung als Ersetzung zu erhalten.

Man sollte den Essay “Wörter aus der Fremde” von Adorno nicht nur stellenweise zitieren, sondern ganz lesen (und publizieren), vielleicht in Verbindung mit seinem Aufsatz “Über den Gebrauch von Fremdwörtern”, um heute nicht oft erinnerte Dimensionen der Sprache(n) zu reflektieren. Wörter, Fremdwörter, als Beschleuniger, Aufmerker, Anspornstacheln – aber auch Wiederhaken, Stolpersteine, Störenfriede.
(HLH)

In unserem DRIESCH - BLOG haben wir eine längere Seite zu Joseph Feiherr von Eichendorff publiziert, in Ergänzung dieser Eintragungen zum Themenheft "unterwegs" mit einer Auswahl von Gedichten und Zitaten aus Adornos Essay über Eichendorff. 

 

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Foto: Franz Blaha

 

 Erich Kästner´s Eisenbahngleichnis

 
 
 
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